10. Oktober 2025 – Es ist eine ganz seltsame, bedrückende Atmosphäre in dem kleinen Ort, der eigentlich gar kein Ort mehr ist, sondern ein wahres Geisterdorf mitten im dicht besiedelten Nordrhein-Westfalen. Die Kirche wurde schon vor Jahren entweiht und mit Brettern zugenagelt. Kameras sollen Neugierige abschrecken, damit sie bloß nicht auf die Idee kommen, sie zu betreten. Ob sie wirklich eingeschaltet sind? Man weiß es nicht. Fast alle Häuser wurden abgerissen. Viele Straßen sind kaputt. So weit das Auge reicht, überwuchert dort Unkraut das, was von der Zivilisation noch übrig geblieben ist. Kaum jemand erinnert sich daran, dass an dieser Stelle einst Formel-1-Legende Michael Schumacher seine ersten Runden auf der Kartbahn seiner Eltern gedreht hat. Statt Motorenlärm ist da jetzt nämlich nur noch gespenstische Stille. Nein, friedliche (Dorf-)Ruhe klingt anders. Diese Stille schreit! Ja, sie schreit! Denn hier haben sich im Zuge der Zwangsenteignungen nicht gerade wenige Dramen abgespielt. Trauer, Wut, Verzweifung und Hass liegen schwer in der Luft. Sie knistert wie nach einem heftigen Gewitter. So fühlt es sich jedenfalls an.
Willkommen in Manheim!
Wir befinden uns in einem ehemaligen Stadtteil von Kerpen, in Manheim, ungefähr auf halber Strecke zwischen Köln und Aachen. Fast 2000 Menschen haben hier einst gewohnt. Eine Handvoll Hartgesottener harrt noch aus. Sie weigern sich strikt, sich wie ihre Nachbarn umsiedeln zu lassen: ins neue Manheim, wenige Kilometer entfernt. Das ist weitgehend eine Kopie des Originals, sogar die Straßennamen sind zum großen Teil geblieben. 2011 war der Klon im Eiltempo aus dem Boden gestampft worden. Denn Manheim musste sterben, genauer: dem Braunkohletagebau Garzweiler weichen. Die Ironie dabei ist, dass es dazu jetzt wohl gar nicht mehr kommt, weil der Kohleausstieg vorverlegt wurde und deshalb die Bodenschätze unter Manheim bleiben, wo sie sind. Nur bringt das dem Dorf herzlich wenig. Über die Jahre wurden hier schlichtweg Tatsachen geschaffen. Das „echte“ Manheim ist faktisch tot – und erlangt nun als Geisterdorf traurige Berühmtheit. Ein schwacher Trost für alle, die wie Michael Schumacher dort aufgewachsen sind!
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